„Das ist gruselig!“

Aktionstag Catcalling auf dem Riedstädter Rathausplatz

Mit bunter Kreide wurden selbst erlebte Sprüche auf den Riedstädter Rathausplatz geschrieben.
Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Jennifer Muth bei ihrer Ansprache. Im Hintergrund zu sehen (v.li.): Tanja Demuth, Polizeioberkommissarin Caroline Fernandez, Sandra Weller, Leni Löwer, Erster Stadtrat Ottmar Eberling sowie Elena Jonas und Maike Hanewald von der Kreisschülervertretung.
Maike Hanewald und Elena Jonas bei ihrer Rede. Im Hintergrund Josefine Wandt und Uwe Schatter.
Der Rathausplatz füllte sich schnell mit sexistischen Sprüchen.

Es sind Sprüche, die fassungslos machen, die am Freitag, 14. Juni mit bunter Kreide auf den Riedstädter Rathausplatz geschrieben werden. Hauptsächlich Schülerinnen der Martin-Niemöller-Schule notieren hier selbst Erlebtes. Darunter Sprüche wie „Du hast einen fetten Arsch“, „Trag mal öfter enge Kleidung“, „Du siehst heute aus wie eine Nutte“, oder: „Du bist so klein, du brauchst dich gar nicht mehr hinknien, um mir einen zu blasen.“  

Die Riedstädter Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Jennifer Muth beteiligt sich am Aktionstag „Catcalling“ gegen sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum, zu dem der Kreis Groß-Gerau und die Arbeitsgemeinschaft Catcalling aufgerufen hatten. Unter dem Motto „Kreidet mit uns an!“ hatte sie dazu eingeladen, ab 10 Uhr zum Riedstädter Rathausplatz zu kommen, um sexualisiertes Verhalten öffentlich zu machen. Dazu gibt es ein kleines Rahmenprogramm mit Gesprächen und Liedern von Uwe Schatter, Musiklehrer an der MNS.  

Die Resonanz ist groß. Rund 160 Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Jahrgangsstufe der MNS sind unter anderem zum Rathaus gekommen und machen nach der Gesprächsrunde reichlich Gebrauch von der bereitgestellten Kreide. „Ich kannte den Begriff zunächst nicht und habe mich erst einmal gefragt, was für eine Katze ich rufen soll“, bekennt Erster Stadtrat Ottmar Eberling im Gespräch mit Jennifer Muth und erklärt: „Ich finde diesen Aktionstag sehr wichtig und Unterstützens wert. Er hat schon mal dafür gesorgt, dass viele Menschen so wie ich nun wissen, was mit Catcalling gemeint ist.“  

Genau das ist die Intention der Riedstädter Frauenbeauftragten, wie sie in ihrer Begrüßung betont. „Wir wollen mit diesem Aktionstag aufklären und sensibilisieren“, so Muth. Denn anzügliche Sprüche, Pfeif- oder Kussgeräusche würden viel zu häufig bagatellisiert, obwohl sie gravierende Auswirkungen insbesondere auf junge Menschen hätten. „Das ist ein Angriff auf euer Selbstbewusstsein“, wendet sie sich insbesondere an die Schülerinnen. 

In einer Gesprächsrunde mit dem Ersten Stadtrat, der Schutzfrau vor Ort Caroline Fernandez, der Personalratsvorsitzenden Tanja Demuth, der Auszubildenden Leni Löwer und Sandra Weller von der Stadtverwaltung geht sie der Frage nach, was es mit der Begrifflichkeit auf sich hat und was sie mit den Betroffenen macht. „Eigentlich finde ich es zu harmlos, dass die süßen Kätzchen mit derartigen Belästigungen verglichen werden. Aber wenn man dann an das unerträgliche Gejaule verliebter Kater denkt, passt es wieder“, befand Demuth. Weller verwies darauf, dass solch übergriffiges Verhalten nicht nur in der Großstadt, sondern auch mitten im Wohnort wie zum Beispiel in Goddelau und im bekannten Umfeld geschehen könne.  

Das war auch Thema der Ansprachen von Kreisschülersprecherin Maike Hanewald und Elena Jonas vom Vorstand der Kreisschülervertretung. Ob anzügliche Pfiffe von Mitschülern bei Bundesjugendspielen, dumme Sprüche auf dem Schulhof oder die bange Frage vor dem Kleiderschrank, was man anziehen solle, ohne blöde Kommentare zu ernten – all das seien bekannte Situationen, die aber zu oft nicht angesprochen würden. „Aber Leute, wenn niemand was sagt, wie sollen diese Situationen dann jemals aufhören. Jeder hat seine eigenen Grenzen und die müssen klar kommuniziert werden und  akzeptiert werden! Ihr seid nicht alleine in diesen Situationen“, erklärten die beiden Schülerinnen.

Und auch Josefine Wandt, Juso-Co-Vorsitzende im Kreis Groß-Gerau und als Kreistagsabgeordnete in der Frauenkommission, sagte, dass sexualisierte Sprüche für junge Mädchen ab zwölf Jahren zum Alltag gehören würden. „Das ist gruselig!“